Krankheit gehört zum Leben.
Arbeits- und umweltbedingte
Krankheit ist vermeidbar -
Verhältnisse sind veränderbar!
Leben ist begrenzt, auch das menschliche, und zum Leben gehören nicht nur Geburt und Wachstum, sondern auch Krankheit und Tod. Schnell lässt sich Einigkeit darüber herstellen, dass alles getan werden sollte, menschliches Leben - im Sinne eines körperlichen, sozialen und geistigen Wohlbefindens - so lange gesund zu erhalten wie möglich. Dies kann durch Prävention und Gesundheitsförderung in den Lebens- und Arbeitswelten erreicht werden. So gesehen gehört der Schutz und die Förderung unserer Gesundheit zum Recht auf Menschenwürde. Doch entpuppt sich diese Aussage in vielen Hinsichten als schöner Schein, hinter dem sich eine Unzahl ungelöster Probleme verbirgt. So meinen manche Unternehmen mit "Gesundheit" eigentlich "Leistungsfähigkeit".
Das Recht auf Gesundheit mutiert unter der Hand in eine Pflicht zur Gesundheit. Medizinsoziologen wie Manfred Max Wambach haben auf diese Gefahr schon vor längerer Zeit aufmerksam gemacht. Zugleich bleiben Gesundheitsrisiken in teilweise erheblichem Umfang bestehen, und neue Risiken kommen hinzu. Die damit verbundenen Probleme zu thematisieren ist für Betroffenen wie Experten schwieriger geworden. Es passt nicht mehr in die postmoderne "heile Welt". Hinter dem Faktum der steigenden Lebenserwartung zeigen sich Konturen einer massiven sozialen und gesundheitliche Polarisierung: Geringes Einkommen und schlechte Wohn- und Arbeitsbedingungen führen in Deutschland - gemessen am gehobenen Bürgertum - zu einer um 10 Jahre verkürzten Lebenserwartung.
Wer Gesundheitsgefahren benennt, geht das Risiko ein, psychiatrisiert zu werden. Gesellschaftliche Risiken werden auf diese Weise individualisiert, Kranke werden - dies wird bei chemiebedingten Erkrankungen im Arbeits- und Wohnumfeld besonders deutlich - stigmatisiert und gesellschaftlich exkludiert. Der Hamburger Arzt Karl-Rainer ("Kalle") Fabig gehörte zu den rar gesähten professionellen Experten, welche das Leid der Betroffenen ernst nahmen und die Risikolagen, in welche die Menschen unverschuldet hineingeraten, beharrlich thematisierten. Fabig half vielen durch Dioxin und Lösemittel geschädigten Arbeitern, um die sich sonst niemand mehr kümmern wollte (vgl. Fabig/Otte: Umwelt, Macht, Medizin. Kassel 2007).
Gesundheit kann zu einem Fetisch werden. Was tun wir nicht alles, um "nach außen" gesund und leistungsfähig zu erscheinen! Wir dichten uns ab gegen Belastungswahrnehmungen, wir zeigen Härte und Heldentum. Krankheit durchbricht "von innen" diesen Körperpanzer: Sie ist ein Schrei nach richtigem Leben, das uns die falschen Verhältnisse verwehren. Ihnen gilt unser Widerstand. Wissenschaft und wissenschaftlich begründetes Handeln - das liegt in der Tradition der Aufklärung - haben die Aufgabe, die Verhältnisse immer wieder kritisch zu hinterfragen. Sie haben ihren Beitrag dafür zu leisten, Menschen zu unterstützen, in Würde leben und aufrecht gehen zu können. Das Forschungsbüro und die mit ihm verbundenen Mitstreiter/innen versuchen das Ihrige, dieser Orientierung zu folgen.
Nachruf auf Kalle Fabig (erschienen in: Sozial.Geschichte Online Heft, neue Folge (2010), Heft 2, S. 211-216)
Link zur Online-Zeitschrift
Soziale Ungleichheit und Gesundheit / Handbuchartikel
Public-Health-Praxis braucht Berufsethik
Gesundheit als politische Kategorie - zur Wechselwirkung von Gesundheits- und Betriebslinkenbewegung
"Die Arbeit des Körpers" - Gastkommentar in der Bremer Lehrerzeitung
Die Kaiserstuhlkrankheit - der Arsenkrebs der Winzer
Hien/Obenland/Schweres: Dieselmotoremissionen am Arbeitsplatz (12/2020)
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Überlegungen und Thesen zum Thema "Corona und Freiheit"
Krebserzeugende Stoffe und Ethik (Artikel Dez-2021)
Vortag über Arbeit und Krankheit im Kapitalismus (Video)
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Forschungsseminar mit Studierenden zu chronischer Krankheit (Veranstaltung 12. Juli 2022)
Die gesellschaftlichen Determinanten von Gesundheit und Krankheit (SOZ Februar 2023)
Studie zu Long-Covid (2023), von Fachzeitschriften abgelehnt
Artikel zu Long-Covid in Joungle World